Das Neuroaffektive Beziehungsmodell (Neuro-Affective Relational Model - NARM®) ist eine körperorientierte Psychotherapie zur Behandlung von Entwicklungstraumata. Der von Dr. Laurence Heller entwickelte Ansatz umfasst ein psychodynamisches und ressourcenorientiertes Modell, das auf das Erleben im Hier und Jetzt ausgerichtet ist.
NARM ist prozessorientiert. Weniger als um “Ziele”, die wir durch die Therapie mit harter Arbeit “erreichen” wollen, geht es vielmehr um die inneren Zustände (z.B. Verbundenheit) und Kapazitäten (z.B. die Kapazität, uns und anderen Menschen zu Vertrauen). Sie sind die Grundlage für nachhaltig neue Handlungsmöglichkeiten in unserem Leben. Therapeut:in und Klient:in erforschen in der Therapie gemeinsam, was der/die Klient:in sich in diesem Sinne für sich wünscht. Schrittweise wird deutlich, wie notwendigerweise erlernte Muster bei dem, was Klient:innen für sich wollen, in den Weg geraten.
NARM geht davon aus, dass wir als Menschen neben offensichtlichen Bedürfnissen wie essen und schlafen noch fünf weitere Grundbedürfnisse haben. Um uns als heranwachsende Menschen ganzheitlich gesund entwickeln zu können, brauchen wir, dass unsere Umgebung (meist in erster Linie unsere Eltern, aber auch die weitere Umgebung) uns mit diesen Bedürfnissen sieht, sie mit Respekt behandelt und erfüllt. Diese Bedürfnisse sind Kontakt, Einstimmung, Vertrauen, Autonomie und Liebe/ Sexualität.
Oft ist unsere Umgebung nur eingeschränkt in der Lage gewesen, diese Bedürfnisse in einem Maß zu erfüllen, das uns tatsächlich gerecht geworden wäre. Zudem haben gesamtgesellschaftliche Krisen wie Kriege und verschiedene Formen der Unterdrückung über mehrere Generationen die Fähigkeit zu gesunder Beziehung stark verletzt.
Werden unsere Grundbedürfnisse als Kinder nicht ausreichend gestärkt und genährt, sind wir gezwungen, Überlebensstrategien zu entwickeln. Überlebensstrategien werden so genannt, weil sich für ein Kind die Bewahrung der Beziehung zu den Bindungspersonen existentiell und überlebenswichtig anfühlt, und es letztlich auch ist, selbst wenn es dabei meist nicht um eine unmittelbare Bedrohung des physischen Überlebens geht. Diese Überlebensstrategien bestehen oft darin, dass wir den Protest, der in uns schlummert, gegen uns selbst richten und uns für das, was wir brauchen und an Unstimmigkeit wahrnehmen, beschämen und beschuldigen. Andersherum können die Strategien sich auch darin ausdrücken, dass wir es vermeiden, diesen Schmerz zu fühlen, indem wir uns im Vergleich mit anderen als etwas Besseres fühlen und andere innerlich abwerten.
Diese verzerrten Wahrnehmungen halten sich meist bis ins Erwachsenenleben hinein und führen zu einer Entfremdung von uns selbst und von anderen. Häufig führen sie zu leidvollen und folgenreichen Identitätsverzerrungen im Sinne von Selbstabwertung oder Selbstüberhöhung.
Hier setzt NARM an. Im Rahmen des therapeutischen Prozesses werden diese Überlebensstrategien - also die Ideen, die wir über uns und unsere Umgebung haben - erforscht und hinterfragt. Rücken unsere Muster und ihre Ursprünge in unser Bewusstsein, ist dieses Anerkennen oft verbunden mit Gefühlen wie Wut, Angst und Trauer. Durch solche Prozesse vervollständigt sich eine vorher abgespaltene Erfahrung, und wir bekommen innerlich neue Möglichkeiten: Mehr und mehr bekommen wir die Wahl, mit unseren Bedürfnissen und Grenzen sowie mit anderen Menschen in Kontakt zu treten. So entsteht mehr und mehr Zugang zu unserer authentischen Lebenskraft.
Die gute Nachricht ist: Die spontane Bewegung in uns allen geht in Richtung Kontakt. Ganz gleich, wie isoliert und zurückgezogen wir sein mögen und ungeachtet der Schwere des Traumas: Gerade so, wie eine Pflanze sich spontan der Sonne zuwendet, ist in jedem von uns auf der tiefsten Ebene der Impuls in Richtung Leben. Nach und nach können wir gesunde Ausdrucksformen unserer Lebendigkeit entwickeln, um das uns innewohnende Potential zu leben.